WiMAX: Konkurrent für DSL und UMTS?

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WLAN, WiMAX und die Verstopfung des TK-Marktes - Experten kritisieren Vereinnahmungsstrategie der Telekom

Verfasser: Gunnar Sohn


Düsseldorf/Stuttgart - Geht es nach den Herstellern von Funktechnologie, wird bereits im nächsten Jahr eine neue und massive Bewegung in den Markt kommen. Mit WiMAX, Insidern unter dem IEEE Kürzel 802.16 (Broadband Wireless Access) bekannt, tritt ein Funktechnik-Standard an, der am Anfang für Metropolitan Area Networks entwickelt wurde. Nachdem 2003 die Standardisierung von 802.16 verabschiedet wurde, haben namhafte Hersteller wie Nokia und Fujitsu WiMAX auf ihrer Roadmap. Intel und Alcatel haben sich gerade in einer strategischen Allianz zusammengeschlossen, um mit den Fähigkeiten von Intel in der Chip-Produktion und Alcatels Know-how in der Ausrüstung von Carriern, gemeinsam Produkte zu entwickeln und 2005 auf den Markt zu bringen. Die Möglichkeiten, die sich über WiMAX bieten, lassen jedenfalls aufhorchen: realistische Entfernungen bis 30 Kilometer bei Datenübertragungsraten von mehreren Megabit pro Sektor einer Basisstation. Mobilität ist bereits grundsätzlich in 802.16 enthalten, der mobile Zugriff bei höheren Geschwindigkeiten wird durch Mobile Broadband Wireless Access (802.20) zusätzlich standardisiert.

Weniger die technischen Daten machen die Betrachtung von WiMAX interessant als vielmehr die Tatsache, dass sich mit dieser Technologie die großen TK-Themen "Teilnehmernetz/Last Mile" und "Mobilfunknetz" ernsthaft begegnen. Bisher waren die Ansätze für drahtlose Anbindung von Teilnehmern als Alternativtechnologien zur Festnetzanbindung gedacht gewesen: die 1999 in Deutschland versteigerten Lizenzen für Point-to-Multipoint Richtfunk, auch als Wireless Local Loop (WLL) bezeichnet, sollten neben CaTV (Kabelfernsehen) und Digital Powerline (Nutzung der Stromversorgung) Wettbewerbstechnologien zu der Festnetzanbindung über DSL darstellen und damit in der Theorie das Monopol der Deutschen Telekom brechen. In der Praxis können aber heute alle Alternativen als gescheitert betrachtet werden: der Komplettaufbau der Zugangsinfrastruktur, der Verbindungsnetze und der Bewältigung des Teilnehmernetzbetriebs für Telefondienste machte gegenüber den niedrigen Preisen für Telefonie und Bandbreite im Festnetz alle Geschäftsmodelle zunichte. UMTS sieht zwar einen quasi-stationären Betrieb vor und stellt sich damit auf dem Papier als Alternative zum Festnetzanschluss dar, wird aber diese Funktion genauso wenig erfüllen wie WLL. UMTS ist als DSL-Alternative zu teuer, in der Praxis nicht schnell genug und auch der weitere Roll-out ist ungewiss. Kann UMTS als "eierlegende Wollmilchsau des Mobilfunks" nicht überzeugen, kommt der aktuelle Newcomer WLAN (802.11) eigentlich aus dem Local Area Network-Bereich. Mit hoher Bandbreite auf die Datenübertragung von Computern ausgerichtet, sind WLAN Hotspots in der Ausleuchtung räumlich sehr begrenzt. Trotzdem reagiert hier die Deutsche Telekom sehr massiv und will bis Ende des Jahres rund 10.000 Hotspots installieren. "Durch eine geschickte Produktverknüpfung mit DSL versucht die Telekom dabei den WLAN-Markt zu kontrollieren und damit als Wettbewerbstechnologie zu verhindern", vermutet ein Brancheninsider.

Experten sehen das Vorgehen der Telekom, den sich entwickelnden WLAN-Markt bereits vor seiner Blüte zu vereinnahmen, kritisch. "Die Telekom nutzt ihre Vorherrschaft bei DSL, um einerseits WLAN als echten Wettbewerb auszuschalten, andererseits über ein ausgedehntes Netz von WLAN-Hotspots auch für T-Mobile die besten Voraussetzungen für ein 4G-Mobilfunknetz zu schaffen. Verschwindet UMTS wieder in der Schublade, kann T-Mobile auf eine WLAN-Verbreitung zurückgreifen, die keiner der Wettbewerber im Mobilfunk hat", sagt Omar Khorshed, Vorstandsvorsitzender des Düsseldorfer Billingspezialisten acoreus http://www.acoreus.de. Bevor der Kampf um die Marktführerschaft bei WLAN aber entschieden ist, deutet sich mit WiMAX aber bereits die nächste Welle an, die den Markt umwälzen könnte. Mit der großen Ausleuchtung durch die WiMAX-Basisstationen, hohen Bandbreiten und den vergleichsweise niedrigen Investitionskosten – derzeit werden Zielpreise von rund 10.000 Dollar für eine Basisstation genannt – bietet sich WiMAX für 4G-Mobilfunknetze und auch für stationäre Breitbandzugänge an. "Aus Untersuchungen von Merrill Lynch http://www.merrill-lynch.com ist bekannt, dass 80 Prozent aller Telefongespräche aus städtischen Gebäuden oder von campusartigen Einrichtungen initiiert werden, die sich alle als Anwendungsbereich für WiMAX und WLAN anbieten", weiß Khorshed im Hinblick auf den ebenfalls zu gut 90 Prozent in Telekom-Hand befindlichen Teilnehmernetzbetrieb im Telefonverkehr zu berichten. "Mit dem sich abzeichnenden Einzug der IP-Telefonie, die sich besonders auch für drahtlose Bandbreitennetze anbietet, könnte eine radikale Umwälzung des Telefonmarktes bevorstehen, sofern der Alt-Monopolist Telekom nicht den Markt durch Bundling der neuen Produkte mit seinen bereits marktbeherrschenden Produkten im Vorfeld vereinnahmt", warnt Khorshed vor einer weiteren Verfestigung der marktbeherrschenden Stellung der Telekom.

Nach den Prognosen von Maravedis http://www.maravedis-bwa.com wird WiMAX nach seiner Einführung in wenigen Jahren weltweit zum führenden Standard für Broadband Wireless Access werden. Der weltweite Bedarf an drahtlosen Lösungen ist enorm, besonders in Ländern, die heute noch nicht über ausgedehnte Installationen an drahtgebundener Infrastruktur verfügen, wie etwa Indien und China. Gerade die Durchsetzung von WiMAX in den asiatischen Wachstumsmärkten wird dessen weltweite Verbreitung anschieben. In China warten zahlreiche Großstädte auf moderne TK-Infrastruktur. Dank der weiten Ausleuchtung bietet sich WiMAX aber auch für ländliche Regionen an. Es kann Entfernungen abbilden, die außerhalb der Möglichkeiten von DSL liegen. Im Festnetz wären nur Lichtwellenleiter eine Alternative, bei höheren Kosten und gleichzeitig geringerer Flexibilität.

Kay Ohse, Marketingdirektor des Stuttgarter IT-Dienstleisters NextiraOne http://www.nextiraone.de, einer der wichtigsten Alcatel Partner in Deutschland, betrachtet WiMAX durch die Intel-Alcatel-Allianz schon jetzt als prädestiniert für den Massenmarkt: "Intel wird WiMAX-Chips für Notebooks, PDAs und Smartphones produzieren. Diese Geräte werden in zwei Jahren ganz selbstverständlich über WiMAX-Technik verfügen. Artikuliert der Markt darüber einen deutlichen Bedarf, werden die Netzdienste sofort folgen. Angesichts immer schnellerer Innovationszyklen ist die kritische Masse im Markt ausschlaggebend für den Erfolg. Wird die kritische Masse nicht binnen ein oder zwei Jahren erreicht, tritt bereits die nächste Technologiegeneration an", so Ohse. Unabhängige Experten bestätigen diese Einschätzung und verweisen auf UMTS, das vier Jahre nach der Lizenzvergabe immer noch den Charakter von "Feldversuchen" hat und von der Erschließung eines Massenmarktes weit entfernt ist. Hingegen wird für WiMAX nach ersten Installationen im nächsten Jahr bereits für 2007 und 2008 ein voll entwickelter, breiter Massenmarkt erwartet. Und ist IP-Telefonie erst alltäglicher Standard, werden Telefongespräche über Flat Rate-Preise oder nach Übertragungsvolumen abgerechnet, drücken die erzielbaren Erlöse der Carrier weiter auf die Betriebskosten und damit in Richtung preiswerter und gleichzeitig flexibler Technologien wie WiMAX.
 

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