Aus aktuellem Anlass (ich wollte die Horstbox Standard jetzt erstmalig als analoge Telefonanlage einsetzen, was gründlich misslang) muss ich den Thread nochmal hochholen, und zwar als Warnung für alle, die in der Horstbox Standard eine preiswerte Alternative zur Fritzbox 7170 sehen. Das ist sie nämlich nicht. Im Gegenteil, sie kann der Fritzbox noch nicht einmal entfernt das Wasser reichen und ist außerdem auch mit der "aktuellen" Firmware 2.09.1 eine der am stümperhaftesten programmierten Stücke Hardware, die ich je gesehen habe. Grundsätzlich bezieht sich meine Kritik auf den Telefonieteil. DSL-Modem und Router-Teil sind noch akzeptabel, obwohl es da auch ein paar Macken gibt. Aber der Telefonie-Teil ist m. E. eine einzige Katastrophe. Hier meine Kritikpunkte:
1. CLIP am analogen Amt funktioniert bei mir nach wie vor nicht, wobei die Anlage bei mir nicht direkt am Telefonanschluss hängt, sondern am analogen Nebenstellen-Ausgang einer Fritz!X-Telefonanlage (die Horstbox soll diese Anlage um weitere Nebenstellen erweitern). Lässt man die Horstbox weg und schließt ein CLIP-fähiges Telefon direkt an die Fritz!X an, funktioniert CLIP dagegen problemlos. CLIP über ISDN (Horstbox direkt am ISDN-Anschluss) funktioniert ebenfalls.
2. An meinem Alice-ISDN-Anschluss lassen sich mit der Horstbox keine Rufumleitungen einrichten. Die Eingabe der dazu notwendigen Ziffernfolge *21*Zielrufnummer# quittiert die Horstbox mit einer Fehlermeldung, eine Rufumleitung wird nicht eingerichtet. Das gleiche passiert, wenn man die Horstbox wie oben beschrieben als Unteranlage für eine andere Telefonanlage einsetzt. Gibt man die o. g. Ziffernfolge dagegen mit einem anderen Endgerät incl. der Fritz!X Telefonanlage ein, funktioniert es problemlos. Am Anschluss oder der Fritz!X Telefonanlage liegt es also nicht. Das Verhalten der Horstbox zeigt außerdem, dass sie die Ziffernfolge *21* nicht einfach zum Amt bzw. zur Haupt-Telefonanlage durchschleift, sondern abfängt und irgendwie selber verwurschtet. Wozu das gut sein soll, erschließt sich mir nicht. Die Horstbox kann mit diesem Code nämlich überhaupt nichts anfangen, denn damit soll eine Funktion in der Vermittlungsstelle gesteuert werden, nicht eine in der Horstbox. Das hätten die Horstbox-Entwickler eigentlich wissen müssen.
Die Horstbox fängt übrigens auch noch andere Steuercodes ab, die zur Steuerung anderer Funktionen im Amt bzw. der nachgeschalteten Fritz!X-Telefonanlage benötigt werden. Auch hier handelt es sich um Codes, mit denen die Horstbox selbst nichts anfangen kann. Warum sie sie dann abfängt, anstatt sie 1:1 zum Amtsanschluss durchzuschleifen, ist mir ein Rätsel.
3. Die Bedienung ist höchst umständlich. Die "Kurzwahl" von im Telefonbuch gespeicherten Nummern kann man beispielsweise kaum noch als solche bezeichnen, denn man muss der Kurzwahlnummer ein "**7" voranstellen. Also besteht jede "Kurzwahl" aus mindestens 5 Zeichen. Auch bei Interngesprächen muss man 2 Sternchen vorwählen, was die Internrufnummern auf 4 Ziffern verlängert. Ich kenne keine Telefonanlage, bei der das so umständlich gelöst ist. Weiterhin gibt es noch andere Usability-Mängel wie z. B. den Umstand, dass sich zu den Telefonnummern keine Namen eingeben lassen (das gilt auch für andere Bereiche wie z. B. MAC-Filterlisten im Router-Teil).
4. Die voreingestellte spontane Amtsholung lässt sich nicht abschalten. Wer an einer der Nebenstellen den Hörer abhebt, ist sofort mit dem Amt verbunden.
5. Das QoS des VoIP-Teils funktioniert nicht. Selbst bei hoher DSL-Bandbreite (hier liegen reale 16 MBit/s down und 1 MBit/s up an) wird eine VoIP-Verbindung bis zur Unbrauchbarkeit verstümmelt, wenn gleichzeitig anderer Internet-Traffic über die Leitung läuft.
6. Der VoIP-Teil der Anlage arbeitet instabil. Immer wieder stürzt er ab, wodurch VoIP-Verbindungen getrennt werden. Versucht man in diesem Zustand an den VoIP-Einstellungen etwas zu ändern, erhält man die nichtssagende Fehlermeldung "Allgemeiner Systemfehler". Ein Neustart der Box beseitigt das Problem, allerdings nur vorübergehend.
7. Das Konfigurations-Interface der Box ist äußerst träge. Manchmal dauert es bis zu einer halben Minute, bis die gewünschte Seite angezeigt wird, vor allem dann, wenn die Box parallel etwas anderes zu tun hat. Auch der Datendurchsatz der USB-Anschlüsse ist unter aller Sau. Obwohl offiziell als USB 2.0-Anschlüsse ausgelegt, erreichen die Anschlüsse häufig noch nicht einmal die Durchsatzraten von USB 1.1.
Ich könnte noch jede Menge weiterer Probleme und Macken des Geräts aufführen, aber für eine dringende Warnung vor einer Anschaffung dieses Geräts reichen auch die aufgezählten Mängel schon. D-Link hatte sicher große Ambitionen mit dem Gerät, hat aber offenbar leider ein ziemlich unfähiges Entwicklerteam mit der Entwicklung der Box beauftragt. Als Telefonanlage ist sie m. E. nahezu unbrauchbar, und zwar sowohl für Analoganschlüsse als auch für ISDN und VoIP. Ich benutze die Box daher nur noch als DSL-Modemrouter. Das packt sie einigermaßen zufriedenstellend.
Eine neue Firmware-Version wird wohl nicht mehr kommen. Über ein Jahr lang hat sich nun nichts mehr getan, obwohl eigentlich noch dringender Handlungsbedarf besteht. Anhand der Tatsache, dass die Box mittlerweile zu Neupreisen verramscht wird, die noch nicht einmal halb so hoch sind wie die Preise für manche gebrauchte (!) 7170, kann man schließen, dass eine Weiterentwicklung auch nicht beabsichtigt ist und nur noch Restbestände abverkauft werden sollen.
Lange Rede, kurzer Sinn: lasst die Finger von der Horstbox Standard, auch wenn sie noch so günstig und mit noch so vollmundigen Versprechungen angeboten wird! Es sei denn, ihr wollt mit der Kiste nicht telefonieren, sondern nur surfen. Die Internet- und Routingfunktionen der Box sind noch ganz brauchbar.
Grüßle
Der Mikrogigant